Als ich, Wooju, zum ersten Mal von der Aktion „Stolpersteine“ lese, ist mein erster Gedanke: Was ist ein Stolperstein genau? Ich lebe seit fast 10 Jahren in Deutschland und habe noch nie davon gehört. Also recherchiere ich und finde das Ergebnis hochinteressant. Im selben historischen Zeitraum, bevor meine Heimat Korea in Süden und Norden geteilt wurde, ereigneten sich dort ähnliche Dinge. Im Konflikt mit Japan verrieten Menschen ihr Heimatland, und Koreaner stellten sich gegen Koreaner. Wie in anderen Ländern mit ähnlich schmerzhafter Historie erzählen unzählige Gräber die Geschichten der Verstorbenen und bewahren die zahlreichen Namen und Überreste derjenigen, die in der Unabhängigkeitsbewegung ihr Leben riskierten, um die ihnen vertraute Heimat zurückzugewinnen. Es gibt zwar Gedenkstätten an diese Zeit, aber sie werden nicht wie in Deutschland für alle Menschen im ganzen Land geschaffen.
Als ich an der Adresse in Minden ankomme, an der der erste Stein liegt, bemerke ich ihn gar nicht und gehe einfach vorbei. Ohne einen Hinweis von Kevin und Netty wäre ich wohl wie blind umhergelaufen. Mein erster Gedanke beim Anblick des Steins ist, dass ich nichts lesen kann. Während ich ihn fleißig mit dem von mir vorbereiteten Reinigungsmitteln schrubbe, kommt nach und nach die ursprüngliche Farbe des Messings zum Vorschein und die Buchstaben werden lesbar. Es steht geschrieben, wer wann geboren wurde, wann und wohin sie gebracht wurden und wann sie starben. Während ich jeden Stein lese, denke ich unbewusst viel über die Geschichte meiner Heimat nach. Es ist eine schmerzhafte Geschichte, die ich seit meiner Kindheit gelernt habe, aber auch eine, die in der heutigen geschäftigen Welt immer wieder vergessen wird.
Als Kevin, Netty, Lucas, Manu und ich nach fünf Stunden den letzten Stein gereinigt haben, fühle ich mich stolz, aber auch seltsam. Ich berichte meiner besten Freundin, die in Korea lebt, von der heutigen Aktion. Sie drückt ihren großen Respekt vor Deutschland für diese Bemühungen aus und sagt, dass die Geschichte in unserem Land leider immer mehr in Vergessenheit gerät.
Ich habe durch diese Aktion wieder viel gelernt und gefühlt. Und leider scheint es so, als wären die Mindener Stolpersteine vorher schon lange nicht mehr gereinigt worden, daher nehmen wir uns vor, diese Aktion regelmäßig durchzuführen.
Wenn auch Du Lust hast, eine solche Aktion zu unterstützen oder sogar selbst zu planen und durchzuführen, melde Dich unter https://mein.bosc.de an.